Maximilian Lorenz,
Chefkoch und Inhaber /
head chef and owner
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FINE DINING
MAXIMILIAN LORENZ
»VIEL WEIN
UND
BUNTSTIFTE«
»Ein kochender Hansdampf voller Elan, Energie und Ehrgeiz«,
so hat ein Restaurantkritiker Maximilian Lorenz kürzlich ge-
nannt. Tatsächlich beschreibt das den 28-jährigen Spitzenkoch
ziemlich gut. Angefangen hat seine steile wie eigenwillige Kar-
riere mit einem eintägigen Praktikum beim damaligen Drei-
sternekoch Dieter Müller. Ein Geschenk seiner Eltern zum
elften Geburtstag. Etwas später folgte eine Lehre im feinen
Restaurant »Zur Post«, gelegen im Bergischen Land. Danach
brach Lorenz mit der Konvention angehender Küchenchefs,
nach einer Ausbildung zunächst durch die Welt zu reisen und
sich in namhaften Restaurants weiterzuentwickeln. Mit gerade
einmal 21 machte er sich selbständig. Vier Jahre verfeinerte er
in Köln im »L’Escalier« seine französisch geprägte Küche, bis
ihm der erste Michelin-Stern verliehen wurde – und erste
Zweifel aufkamen: »Ich habe hinterfragt, ob es wirklich mei-
ne Leidenschaft ist, französisch zu kochen, und meine Antwort
war: Bullshit«, erzählt Lorenz. Die Konsequenz: sein neuer
Laden, zwischen Kölner Hauptbahnhof und Rhein, benannt
nach ihm selbst, gewidmet der deutschen Küche. Auf den Tisch
kommt ausschließlich, was zwischen Ostsee und Alpen wächst.
Seit 2018 erforscht, verfeinert und dekonstruiert Lorenz nun
Traditionsspeisen wie Sauerbraten, Halven Hahn oder Fisch-
brötchen und wurde dafür bereits wieder mit einem Miche-
lin-Stern ausgezeichnet. Daneben betreibt er die Weinbar
»heinzhermann«, das Barbecue-Bistro »Pigbull«, den Con-
tainer-Imbiss »Smax« und ist am »Alten Lindenhof« beteiligt,
einem Gasthof in seiner Geburtsstadt Bergisch Gladbach.
FREIFRAU: Herr Lorenz, Ihr Leben als Koch und Geschäfts-
mann sieht nach viel Arbeit und Stress aus. Wie entspan-
nen Sie an einem freien Tag?
MAXIMILIAN LORENZ: Ich stehe morgens um sieben auf
und bin um acht auf dem Golfplatz: neun Loch spielen,
mindestens mein Handicap bestätigen. Zurück zu Hause
frühstücke ich, am liebsten mit einem Glas Champagner.
Dann geht’s in die Therme: zwei Stunden saunieren,
dabei mindestens zwei Mal einschlafen. Zurück auf
meiner Couch gucke ich eine halbe Stunde Fernsehen.
Anschließend gehe ich mit Freunden oder meiner
Familie essen, trinke guten Wein und bin wieder zurück,
bevor der Tatort beginnt.
FF: Hört sich sehr durchstrukturiert an.
ML: Mein Leben ist komplett durchstrukturiert. Ich brauche
feste Abläufe, um alles zu bewältigen. Es ist aber voll-
kommen okay für mich, so unter Strom zu stehen. Ich
habe mir meinen Beruf selbst ausgesucht. Meine absolute
Leidenschaft. Statt in der Sternegastronomie zu
arbeiten, hätte ich ja auch Wirt in einer Schnitzelbude
werden können.
FF: Keine Sehnsucht, einfach mal so in den Tag hineinzuleben?
ML: Das ist im Moment einfach kein Thema. Mache ich viel-
leicht, wenn ich in Rente gehe.
FF: Sie arbeiten seit über zehn Jahren ununterbrochen in
der Gastronomie. Kommt einem da nicht auch mal der
Gedanke, alles hinzuschmeißen?
ML: Doch, während meiner Ausbildung hatte ich so einen
Moment. Ständig wollte mir wer erklären, wie ich etwas
zu tun hätte. Das hat mich genervt, weil ich dachte, ich
könnte eh schon alles. Zum Glück wurde ich dann wieder
auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
FF: Was wäre denn eine berufliche Alternative gewesen?
ML: Wenn ich nicht Koch geworden wäre, wäre ich sehr wahr-
scheinlich bei der Bundeswehr oder der Polizei gelandet,
beim KSK oder der GSG 9. Das Bedürfnis, anderen Men-
schen etwas Gutes zu tun, steht bei mir an oberster Stelle.
FF: Das müssen Sie erklären.
ML: Ganz einfach: Wenn ich koche, haben Sie Glücksgefühle.
Genauso ergeht es Ihnen, nachdem ich Sie aus einer
Geiselnahme befreit habe.
FF: Zurück zur straffen Alltagsstruktur: Wie schaffen Sie
Freiraum für Kreativität?
ML: Das gelingt uns ganz gut. Wenn wir ein neues Menü fürs
Restaurant entwickeln, ziehen mein Küchenchef Enrico
Hirschfeld und ich uns einen Abend lang mit viel Wein
und Buntstiften zurück, mit denen wir munter die Zutaten
durchkombinieren, die gerade Saison haben. Da kommt
schon mal so etwas Ungewöhnliches heraus wie Schweine-
filet mit Erdbeere und Erde. Am nächsten Morgen stellen
wir unseren Stellvertretern unsere Entwürfe vor, die
sie anschließend weiterentwickeln und erstmals kochen.
Danach essen Enrico und ich Probe, mäkeln herum, er -
setzen zum Beispiel Kürbis durch Sellerie und segnen
die Gerichte ab. Mein Team ist zum Glück sehr engagiert
und kreativ: Seit das Restaurant existiert, also seit zwei
Jahren, ist fast noch nie ein Gang durchgefallen.
E
Im Maximilian Lorenz kommen deutsche Gerichte mit Sterneniveau
auf den Tisch. / At Maximilian Lorenz, typical German dishes get the
Michelin-star treatment
Der Kölner
Maximilian Lorenz ist
nicht nur Chefkoch
seines eigenen
Sternerestaurants:
Er betreibt außerdem
ein Weinlokal, ein
Barbecue-Bistro und
einen Imbiss. Und das
mit 28. Wie bewältigt
er die viele Arbeit und
was treibt ihn an?