Translations
Projekt, das hoffentlich bald ein Buch wird. Wir sind seit 25
Jahren verheiratet. Wir waren damals sehr jung: ich 22, sie
21. Schnell kamen Giada und dann Camilla auf die Welt.
Wir blicken von hier gemeinsam auf die Welt, von dieser
Glaswand, die wir so groß wie möglich wollten: Der Garten ist
unser Zuhause außerhalb des Hauses, mit dem Ahorn, in
dessen Schatten ich mich im Sommer zum Lesen verziehe.
Mein Lieblingslicht? Die blaue Stunde, wenn der
Sonnenuntergang unsere Räume durchflutet. Wir haben keine
Vorhänge, wir mögen es, wenn die Blätter, die Schatten und
die Farben einfallen. Haus, Natur und Entschleunigung:
Ich habe meine Kommunikationsagentur in Trient, doch am
Freitag wird nicht gearbeitet. Es wird gelebt.
Gabriele wohnt mit seiner Frau und seinen Töchtern
in Caldonazzo.
DE pp.107
KARINA IN WUPPERTAL. REGION: BERGISCHES LAND
FENSTER, SPIELE, ZUKUNFT.
Wir haben uns kurz vor dem Lockdown in einem Techno-Club
in Berlin getroffen. Und bald darauf beschlossen wir,
zusammenzuziehen: ins Wuppertal, wo Claus schon lebte.
Wir haben die Pandemie gemeinsam durchgestanden, auch
wenn wir uns gerade erst kennen gelernt hatten. Ein
Abenteuer, wir hatten kaum Möbel, eine Matratze auf dem
Boden. Das ist unsere erste Wohnung, und sie gefällt uns
sehr gut, auch weil es sich in einem alten Gebäude befindet,
einem typisch deutschen Fachwerkhaus. Wir lieben das
Zimmer unter dem Dach, mit Fenster zu einem kleinen
Kinderspielplatz ausgerichtet. In unserer Zukunft sehen wir
Kinder, eine Familie und vielleicht ein Haus auf dem Land,
einen kleinen Gemüsegarten und eine Ziege. In der
Zwischenzeit blicken wir in die Vergangenheit und
verwandeln sie: Ich, Karina, mache Collagen mit alten
Zeitungen. Es reizt mich, den Dingen neues Leben
einzuhauchen. Ebenso wie gebrauchte Kleidung zu kaufen
und sie zu verjüngern. Jacken oder T-Shirts für Claus, ein
goldener Rock aus den 70ern für mich, Inspiration Studio 54.
Sich die Zukunft mit einem Blick auf die Vergangenheit
vorstellen.
Karina und Claus leben im Wuppertal.
DE pp.141
VALÉRIE IN CAEN. REGION: BASSE-NORMANDIE
JAHRESZEITEN, KINDER, BETTWÄSCHE.
Wir haben dieses Haus in der Stadtmitte von Caen auch
wegen des Gartens gewählt, in dem Lavendel, weiße Rosen
und im Sommer Dahlien wachsen, einfach herrlich. Die
Farben an den Wänden erinnern mich an die Normandie:
Grau, Blau, Grün, die ineinander übergehen. Im Abendlicht ist
es für mich am schönsten. Unsere drei Kinder leben nicht
mehr bei uns, aber ihre Zimmer sind immer noch die ihren und
warten auf sie und ihre Freunde, es sind lebendige Zimmer.
Ich liebe den April, den Mai, wenn der Garten zu blühen
beginnt, wenn der Lavendel kurz vor der Blüte steht; dann
schneide ich ihn und mache Duftsäckchen für die Schränke
daraus, ein Stück Garten im Haus. Mein Lieblingsmoment?
Sonntagmorgen. Ich bin Ärztin, genau wie mein Mann. Am
Sonntag können wir abschalten, er bringt mir Tee ans Bett
und ich kann lesen. Die Bücher, die schweigend auf dem
Nachttisch auf mich warten. Vielleicht ist das der Grund,
warum ich meine Bettwäsche sorgfältig auswähle. Ein zartes
Rosa, warum nicht. Auch das erinnert mich an den Frühling.
Valérie lebt mit ihrem Mann Bertrand in Caen.
DE pp.191
SABRINA IN MEDOLE. REGION: LOMBARDIA
DRACHEN, GLÜHWÜRMCHEN, FASANE.
Wir leben auf dem Land außerhalb von Mantua, dort, wo mein
Vater, der aus den Tälern bei Brescia stammt, als Junge die
Kühe zur Wanderweideschaft brachte. Und wo er dann für
immer blieb. Ich bin hier aufgewachsen: Das Haus, in dem wir
jetzt wohnen, war früher der Kornspeicher. Und jetzt, wo mein
Leben sich hektisch zwischen Reisen und vier Aufgaben
abspielt - die vierte, und wie ich immer sage die wichtigste,
ist für unsere Matilde eine Mutter zu sein -, bedeutet das
Heimkommen, in die Natur und Stille, den vollkommenen
Frieden für mich. Stille, wenn man das so nennen kann,
denn wir haben Hasen und Fasane, die auf der Wiese vor dem
Haus „zanken“... Ich wurde zu einer Landwirtin und seit eh
und je kenne ich alles auf diesem Land. Die Geräusche, die
Schatten, die Laute. Und genau hier fühle ich mich wirklich
zu Hause. Mein Zuhause ist nämlich das Kaminfeuer und die
große Wiese, die zu Sommerbeginn vor Glühwürmchen
leuchtet. Mit viel Platz, um mit meinem Mann und meiner
Tochter Drachen steigen zu lassen: meine große
Leidenschaft. Der schönste Drachen ist vielleicht ein großer
Krake, den ich aus Peking mitbrachte.
Sabrina wohnt mit ihrem Mann Matteo und ihrer Tochter
Matilde in Medole.
DE pp.231
MARKUS UND SANDRA IN MÖNCHENGLADBACH.
REGION: NIEDERRHEIN
KAFFEE, TASSEN, STÜHLE.
Die Sicherheit der Gegenstände. Es ist für uns ein Vergnügen
und auch eine Tätigkeit: Ich, Markus, bin Innenarchitekt,
Sandra befasst sich mit Kommunikation für eine historische
deutsche Porzellanfabrik. Doch die Gegenstände sind unsere
Leidenschaft: alles, auch das, was einst als Ziergegenstand
bezeichnet wurde, einfach etwas Schönes, das einem Freude
bereitet. So haben wir unsere Designgalerie eröffnet, als wir
in Köln wohnten. Jetzt ist sie geschlossen, doch wir
verkaufen weiterhin online. Wir haben einen kleinen
Garagen-Abstellraum, wo wir die Gegenstände aufbewahren.
Viele, sehr viele verwenden wir zu Hause: die Stühle zum
Beispiel. Wir haben über zwanzig, von Markenstühlen bis hin
zu Stühlen, die wir auf Märkten gefunden haben. Es gibt keine
Lieblingsecke im Haus: Wir bewohnen es überall, in jeder
Ecke, so wie wir auch Platz wechseln und all unsere Stühle
benutzen. Doch ein Ritual ist immer gleich: Der Kaffee am
Morgen, ein richtiger Espresso, den wir mit dem
Espressokocher zubereiten. In einer kleinen weißen
Porzellantasse, die wie feinstes, gefaltetes Papier aussieht.
Der erste Lichtstrahl des Tages.
Markus und Sandra leben in Mönchengladbach.
DE pp.257
BÉNÉDICTE IN GUÉRANDE. REGION: PAYS DE LA LOIRE
STEIN, KERAMIK, ABDRÜCKE.
Ich wohnte in Paris, doch trug ich die Bretagne in meinem
Herzen. Nicht so sehr die Bretagne, eher die bretonischen
Häuser, diese robusten, starken Häuser aus Stein und Granit.
So beschloss ich, nach meiner Trennung hierher zu ziehen.
Und schließlich fand ich mein Haus. Ich habe lange gesucht.
Renovierte Häuser gefielen mir nicht, diese Renovierungen,
die einem die Seele nehmen. Und da war es: Die vorherigen
Eigentümer hatten mit Zement die Steine verborgen. Ich ließ
alles entfernen. Das Haus fand wieder zu sich und ich mit ihm.
Die großen Fenster blicken in drei verschiedene
Himmelsrichtungen und ich sehe gerne zu, wie sich das Licht
im Laufe des Tages ändert. Mein Büro ist hier, ich bin eine
Journalistin. Doch in den letzten Jahren habe ich zu töpfern
begonnen: Teller, Schüsseln, Vasen. In den Farbtönen Weiß
oder Grün. Ich experimentiere mit den Blättern und Blumen,
die ich in meinem Garten oder auf Spaziergängen, wie am
Strand, sammle. Ich verwende sie, um einen Abdruck auf der
Töpferware zu erzeugen. Mein Haus ist offen und das sind die
Teller, mit denen ich zu Tisch bitte, zum Abendessen einlade.
Auch die Dorfkinder, denen ich meine Märchenbücher vorlese.
Bénédicte lebt im Gebiet Guérande.
DE pp.283
MEYER IN KÖLN. REGION: RHEINLAND
GLAS, BILDER, RAHMEN.
Da ist ein Zuhause in meinem Zuhause: Es ist mein Bett,
das ich vor Jahren entworfen habe. Es liegt leicht erhöht,
umgeben von einem Schiebe-Paravent aus perforiertem Holz,
der an diese japanischen aus dem Mittelalter erinnert. Es ist
ein Bett, doch auch ein Ankleideraum, oder ein Schrank, das
kommt darauf an, wie man es betrachtet. Ich baute es im Jahr
1995, als die Frau, mit der ich zusammen war, auszog. Ich
lebe hier seit vierzig Jahren: Meine Studentenwohnung, in der
damaligen Jugendstil-Glaserei,
ist zu etwas anderem geworden. Nun erinnert mich jedes
Buch, jedes Bild an all das, was ich erlebt und geliebt habe.
Insbesondere die Bilder. Auch weil es meine Arbeit ist,
Museumsgestaltungen für Künstlerausstellungen
umzusetzen. Als ich das erste große Gemälde, das ich
erworben habe, an die Wand hängte, eine Frauengestalt,
war es als ob ich plötzlich eine Mitbewohnerin hätte, als wäre
noch jemand anwesend. In Wirklichkeit lebe ich allein, lade
selten ein, nur wenige Freunde. Trotzdem ist die Küche der
Bereich im Haus, den ich am liebsten mag. Denn - wie jemand
sagte, an dessen Namen ich mich nicht erinnere - die
interessantesten Dinge auf einer Party passieren eben in
der Küche.
Meyer lebt im Stadtzentrum von Köln.
German
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Foscarini — Vite
Texts by Lisa Corva