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Mastery
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Maestrie
sich trägt.
Bei dem jeder kleine Schritt
vorwärts das Ergebnis einer
zufälligen Erfolgskombination
sein kann, entwickelt in einem
Zustand vager Unbewusstheit,
die sich aus diesem Hyper-Tun
ergibt. Der deutsche Ingenieur
Wernher von Braun zählt mit
seinen V2-Raketen und später
mit dem Raumschiff Saturn V
für die NASA, zu den Pionieren
der Raumfahrtforschung.
Auch er betrachtete Forschung
aus demselben Gesichtspunkt
wie ein Handwerker und
beschrieb sie als etwas „das ich
tue, wenn ich nicht weiß, was
ich gerade tue.“
Anmerkungen
(1) Luigi Pasinetti,
Dinamica strutturale e sviluppo
economico, Utet, Turin,1984,
S. 314 f.
(2) Andrea Branzi,
Modernità debole e diff usa,
Skira, Mailand, 2006, S. 53
Schwarze Hände
— Gianluca Vassallo
p. 156
Ich erinnere mich an
meinen Vater als ich noch ein
Kind war, wie er sich über
die Goldschmied-Werkbank
beugte, in der Kälte eines
Neonlichts, das seine riesigen
Hände überflutete. Ich erinnere
mich, wie er mit seinen
Händen, die beide schwarz
von altem Harz waren, ein
winziges, von den Flammen
dunkel gefärbtes Herz hielt und
bürstete. Ich erinnere mich,
wie ich meinen Vater ansah,
der von den Heiligenbildern
meiner Großmutter umgeben
war, welche alle mit dem
Polizeikalender am selben
Nagel hingen, und ich erinnere
mich, dass sie neben dem Foto
von Maradona waren, über
dem meiner Schwester als Kind.
Sie erduldeten den Lärm der
Bürste, den Geruch der Säure,
die Wünsche meiner Mutter.
Ich erinnere mich an dieses
Herz, wie es Schlag um Schlag
nachgab, erschöpft von der
Sehnsucht, goldig zu glänzen,
zwischen den schwarzen
Händen der Geschicklichkeit.
So habe ich die geduldige
Arbeit dieser aufmerksamen
Seelen, dieser gewissenhaften
Menschen, die Orte ihrer
Mühen, die schichtweise
angeordneten Zeichen
fotografiert und in ihren
riesigen Händen das Herz
gesucht, das sie Geste um
Geste vor Würde strahlen lässt.
Die Hände meines Vaters,
der mir ohne es je zu sehen
und ohne Worte an jenem Tag
das Staunen über die Welt
gelehrt hat.
Momentaufnahme
— Massimo Gardone
p. 158
Durch das Aufgreifen
traditioneller Fototechniken
finde ich mich in diesem Projekt
höchster Handwerkskunst
selbst wieder.
Die Räumlichkeiten von Foscarini
werden hier zu einem Fotoset,
eine 8x10-Fachkamera und
Schwarzweiß-Sofortbildfilme
dokumentieren den Abschluss
eines Produktionszyklus.
Das Stillleben der
ausgeschalteten Leuchte,
der Leuchte als Skulptur,
rückt das Material in den
Vordergrund und zeigt
dessen raffinierte Machart.
Es ist ein Spiel mit gleichen
Voraussetzungen, bei dem
die traditionelle Fototechnik
des Fotografen, der auf eine
Fachkamera setzt,
die Handwerkskunst des
Arbeiters spiegelt.
Technische Informationen
Aplomb + Aplomb Large
— Lucidi e Pevere, 2010/2016
p. 173
Die Leuchte ähnelt
morphologisch an ein
geblasenes Element während
für ihre technische Herstellung
Zement mit der Stärke
und Bearbeitungen von
Heimmaterialien verwendet
wird. Einerseits wird mit dem
Sandstrahlen am Ende der
Zement von jedem groben
Effekt befreit, andererseits
wird eine kontrollierte
Unregelmäßigkeit des
Materials betont, dank
einer Granulometrie mit
unterschiedlich großen Poren,
die jedes Exemplar einzigartig
und leicht vom anderen
abweichend macht.
Buds
— Rodolfo Dordoni, 2016
p. 173
Die Suche nach einer
Glasmasse, die von kalten
Farbtönen geprägt ist (grau,
grün, braun, welche durch
Mischungen aus mit Eisenoxyd
vermengten Mineralien
erzielt werden), zielt darauf
ab, das Leuchtenobjekt noch
mehr mit den Tönen der
Einrichtungsmaterialien zu
vereinen. Fünf verschiedene
Schichten werden beim
mundgeblasenen Glas
übereinander gelagert, um der
Leuchte ihr kostbares Äußeres
und einen unterschiedlichen
Farbeffekt bei abgeschaltetem
und eingeschaltetem Licht zu
verleihen.
Gem
— L+R Palomba, 2017
p. 173
Eine interessante Textur
wird dank der komplexen
Bearbeitung auf einer
unbeweglichen Form erzielt,
in der der Glasbläser keine
Möglichkeit zum Drehen hat.
Reliefs und dreidimensionale
Facetten ab der Mittellinie
sind nach oben und unten hin
intensiver gestaltet, wie in
einem Frequenzwellenschema.
Gregg
— L+R Palomba, 2007
p. 173
Glas in einer
unbeweglichen Form blasen,
wo der Glasbläser nicht das
glühende Material drehen
kann und hauptsächlich runde
Formen erzeugt, ermöglicht
die Nachahmung der Struktur
eines lebenden Organismus.
Die Ungleichförmigkeit des
Diffusors erscheint wie ein
„vertrautes“ Modell, das eher
der biologisch-mineralischen
Morphologie einer
Kieselsteinblase ähnelt als
einer klassischen, von der
Geometrie vorgegebenen
Form.
Lumiere
— Rodolfo Dordoni, 1990
p. 174
Ein beinahe 30 Jahre
alter Stammbaum erzählt
die Veränderungen einer
Leuchtenfamilie, die sich
um das Konzept von Gen
und Spezies vergrößert und
verfestigt. Der Unterschied
zwischen einer Spezies und
einer anderen sind kleine
typische Verlagerungen,
Unterschiede in Proportion
und Dimension, die stets um
die dialektische Beziehung
zwischen einer Struktur aus
spritzgegossenem, gebürstetem
und handbearbeitetem
Aluminium und einem Diffusor
aus drehend geblasenem
Glas aus den geschickten
Händen der venetischen
Glasbläsermeister kreisen.
Mite
— Marc Sadler, 2000
p. 174
Ein kegelförmiger Korpus
aus Glasfaser, die entweder
mit schwarzer Kohlenstofffaser
oder gelber Kevlar®-Faser
verarbeitet ist, birgt am oberen
Ende einen reflektierenden
Schirm aus Aluminium,
wo das Leuchtmittel sitzt
und das ausstrahlende
Licht nach oben wirft. Eine
moderne Darbietung von
Gewichtsverlust, die die
Dimension der traditionellen
Art einer Lichtsäule neu
überdenkt.
Rituals
— L+R Palomba, 2013
p. 174
Ein Weißton, der an die
japanischen Leuchten aus
Reispapier erinnert, lassen
eine „freundliche“ Atmosphäre
mit einem „gipsartigen“ und
vollen Licht entstehen und
präsentieren das Ergebnis
eines Bänderwerks an der
Oberfläche und händischer
Bearbeitung, die jede Spur von
Flecken sorgsam vermeidet.
Der unregelmäßige Effekt
der äußeren Streifen wird mit
Hilfe einer Form mit Negativ-
Dekorationen erzielt, die an
die horizontalen Linien der
Bambusstruktur der Leuchten
von Isamu Noguchi erinnern.
Tartan
— L+R Palomba, 2015
p. 174
Ein Diffusor aus
geätztem Glas und mit einer
regelmäßigen Form verweist
den Entwurf auf das Thema von
Oberflächendekoration und
Textur, welche von Relieflinien
betont wird, die dem
Karomuster eines schottischen
Kilts folgen. Die Glasoberfläche
bewegt sich in einem Licht- und
Schattenspiel, das von diesen in
der Form geschaffenen Spuren
bestimmt wird.
Twiggy
— Marc Sadler, 2006
p. 175
Eine elastische Form,
die eine maximale Höhe von
290 cm erreicht, präsentiert
sich als in Raumgröße
gestaltetes Objekt, bei
dem der schwingende Arm
durch die Flexibilität des
Kohlenstofffasersockels in
Verbindung mit der Glasfaser
des Diffusors erzielt wird.
So wird ein einzigartiger
Gegenstand außerhalb der
Skala umgesetzt, dessen
harmonisches Schwingen vom
Entwurf vorgesehen ist.
Tress
— Marc Sadler, 2008
p. 175
Fünf unterschiedlich breite
Bänder aus Strukturfaser,
die übereinander gelagert
sind, interpretieren die mit
Öffnungen versehene Leuchte
arabischer Tradition neu
und lassen eine zylindrische
Säule aus Glas- und
Kohlenstofffaserstreifen
entstehen, die das Licht- und
Schattenspiel auf Wände und
Decke projektieren.
Biografi en
Stefano Micelli
p. 176
Stefano Micelli ist Professor
für E-Business an der Fakultät
für Management der Universität
Ca‘ Foscari in Venedig.
Seit 20 Jahren befasst er sich
in seinen Forschungen intensiv
mit der Verbreitung neuer
Technologien in kleinen
wie mittleren Unternehmen
und in italienischen
Industriedistrikten.
Im Rahmen seiner
Forschungstätigkeit, die sich
auf die Berührungspunkte
zwischen der digitalen Welt
und jener des Handwerks
konzentriert, führte er diverse
Studien in Zusammenarbeit
mit der Bank IFIS und der
Fondazione Make in Italy durch.
Darüber hinaus zeichnete er
bei drei Veranstaltungen der
Maker Faire für die Gestaltung
eines eigenen Bereichs zum
Thema Digitale Welt und Neues
Handwerk verantwortlich.
Stefano Micelli ist Autor
zahlreicher Artikel und Bücher,
darunter auch von „Futuro
Artigiano. L’innovazione nelle
mani degli italiani.“, das mit
dem Compasso d’Oro ADI
ausgezeichnet wurde und
den Verquickungen zwischen
Handwerk und globaler
Wirtschaft nachgeht.
Manolo De Giorgi
p. 176
Architekt Manolo De Giorgi
führt seit 1989 sein eigenes
Büro in Mailand und
ist insbesondere im
Bereich Umbauten,
Innenraumgestaltung und
Raumausstattung tätig.
Er war Redakteur der
Zeitschriften Modo und Domus
und kuratierte im Laufe der
Zeit folgende Ausstellungen:
Techniques Discrètes
(1991), 45-63. Un Museo del
Design in Italia (1995), Marco
Zanuso (1999), Camera con
vista. (2007), Olivetti. Una
bella Società (2008), sowie
Magnificenza e Progetto (2009)
einschließlich der zugehörigen
Kataloge. Er ist Autor von
Carlo Mollino. Interni (Segesta,
2004), Design (Zanichelli, 2007)
sowie Enzo Mari (Il Sole/24
Ore, 2011). Seit 2010 untersucht
er in Zusammenarbeit mit
der Fondazione Bassetti
mithilfe neuer Ausdrucksmedien
die Beziehungen zwischen
Handwerk und Design,
wie etwa im Theaterstück
Mani grandi senza fine
(Piccolo Teatro Mailand, 2011)
und im Film Avanti Artigiani
(2014).
Gianluca Vassallo
p. 176
Gianluca Vassallo
lebt und arbeitet in San
Teodoro (Sardinien) und auf
der ganzen Welt. Ihn als
Fotografen zu bezeichnen,
empfindet er als Beleidigung.
Vielmehr verleiht er seinen
Gedanken mittels Videos,
Klängen, der Fotografie und
Installationen Ausdruck, wobei
er den Fokus insbesondere
auf Beziehungen und Prozesse
legt. Seine Arbeiten wurden in
verschiedensten Institutionen
und Galerien in Italien und im
Ausland gezeigt. Dazu zählen
unter anderem: Caleum Gallery,
New York (2017); Fondazione
di Sardegna, Cagliari
(2016/2017); Portugal-Pavillon
der Architekturbiennale von
Venedig, Venedig (2016);
Museo dell’Emigrazione,
Asuni (2016); Foscarini Spazio
Soho, New York (2015, 2016);
Palazzo della Penna, Perugia
(2014); Schauwerk Museum,
Sindelfingen (2013, 2014);
Museo MAN, Nuoro (2014);
Stadtgalerie, Kiel (2014);
Tempio di Adriano, Rom (2013);
Masedu Museo, Sassari (2013);
Fondazione Meta, Alghero
(2013); Museo MART, Rovereto
(2012); PAN, Neapel (2010).
Außerdem gehört er zu den
Gewinnern des Premio Terna
2013 und wurde im Rahmen
des VAF 2014 mit einer
Ehrenvollen Erwähnung
gewürdigt. Zu seinen
öffentlichen Kunstprojekten